NRW-Lokalradios: Jahresrückblick-Interview mit Hannelore Kraft
NRW-Ministerpräsidentin im Gespräch mit Nachrichtenchef Marc Weiß über das Jahr 2016
Oberhausen, 12. Dezember 2016
Heute Abend war die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zu Gast bei den NRW-Lokalradios. Gemeinsam mit Moderator Marc Weiß blickte sie im Interview auf ein ereignisreiches Jahr 2016 zurück, stellte sich aber auch aktuellen Fragen:
Derzeit stehen die beiden Atomkraftwerke im Nachbarland Belgien – Tihange und Doel – stark in der Kritik. Am Dienstag wird eine Bürgerinitiative ein Konzept vorstellen, um die Radioaktivität zu überwachen. Was tut NRW in dieser Richtung?
"Das macht uns auch große Sorgen, muss ich sagen. Deshalb gibt es ja auch die Maßnahme, dass die Jodtabletten bestellt und auch im Land für den Notfall verteilt werden. Wir machen auch Notfallübungen mit den entsprechenden Behörden. Und wir haben uns auch vor allem der Klage der Städteregion Aachen angeschlossen – und das ist das, was wir als Land tun können… Es ist natürlich immer schwierig, einem anderen EU-Mitgliedsstaat in die Energiepolitik hineinzureden, aber die Situation besorgt uns", sagt NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.
War der Brexit für die direkte Demokratie bzw. für Volksentscheide eine herbe Niederlage?
"Es kommt auf die politische Ebene an. Ich glaube, vor Ort kann man damit ganz gut umgehen. Aber je komplexer die Fragestellungen werden, desto schwieriger wird es. Man kann Fragestellungen oft nicht mit Ja oder Nein beantworten. Diese Zuspitzung nimmt immer mehr zu und sie gefährdet natürlich auch unsere parlamentarische Demokratie. Ich bin als Abgeordnete und Ministerpräsidentin natürlich auch dafür da, mir ein Thema zu erarbeiten… und Lösungen zu entwickeln, die nicht mit Ja oder Nein zu beantworten sind. Oft ist der Fortschritt in unserer Demokratie eine Schnecke. Aber es funktioniert nur über Kompromisse, in dem man Schritt für Schritt voran kommt", so Hannelore Kraft.
Trump hat im November die US-Wahl gewonnen. Haben Sie das kommen sehen?
"Nein, das habe ich nicht kommen sehen. Ich habe es befürchtet,… aber gehofft, dass viele zur Wahl gehen, die sich anders entscheiden… Es zeigt, dass all diejenigen, die wollen, dass eine Gesellschaft so weitergeht und konstant gut funktioniert, auch zur Wahl gehen müssen. Das gilt auch für Wahlen in Deutschland", stellt die NRW-Ministerpräsidentin fest. Auf die Frage, wie ihre Prognose für eine Präsidentschaft von Trump aussehe, antwortet Kraft: "Das zu mutmaßen, wäre fahrlässig. Ich bin sehr gespannt, aber das, was jetzt an Personalentscheidungen erkennbar ist, das macht mir auch weiterhin große Sorgen. Die Art und Weise, wie dieser Wahlkampf abgelaufen ist, ist für mich unfassbar."
Die Schlammschlacht, die im US-Wahlkampf geführt worden ist, kann man sich für Deutschland in dieser Form nicht vorstellen. Ist das für Sie eine Mahnung, es hier nicht so weit kommen zu lassen?
"Das ist natürlich eine Situation, die sich keiner wünscht. Bisher können wir hier in Nordrhein-Westfalen auch miteinander sprechen. Wir sind Demokraten und können miteinander umgehen und das sollten wir auch weiterhin tun. Sich in der Sache zu streiten ist das eine. Aber die persönliche Diffamierung – die sollte man nicht anwenden", sagt Kraft im Interview mit den NRW-Lokalradios.
2016 war das Jahr mit einem traurigen Rekord an Hass-Mails im Internet. Trifft Sie das auch ganz persönlich?
"Ja, ich bekomme solche Mails auch. Ich bringe alles zur Anzeige, was ich zur Anzeige bringen kann. Es ist hier ganz wichtig, null Toleranz zu zeigen. Manche glauben, im Internet könne man einfach etwas schreiben, das ist nicht so schlimm. Aber das ist kein rechtsfreier Raum. Im Gegenteil: Auch dort ist eine Beleidigung eine Beleidigung und wird geahndet. Und ich bringe alles zur Anzeige und erwarte auch von anderen, dass sie das tun, weil es einfach wichtig ist, sich hier klar dagegen zu stellen", fordert die Ministerpräsidentin.
Das gesamte Interview mit der NRW-Ministerpräsidentin senden die NRWLokalradios morgen Abend, Dienstag, 13. Dezember 2016, zwischen 19.00 und 20.00 Uhr.