Wie schon bei den vergangenen Landtagswahlen stellen sich auch im NRW-Wahlkampf 2022 die Spitzenkandidaten der momentan im Landtag vertretenen Parteien im Interview den Fragen der NRW-Lokalradios. Heute war NRW-Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur im Gespräch mit Nachrichtenchef Marc Weiß.
Den gestrigen Rücktritt der NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser begrüßt die NRW-Grünen-Chefin: „Das ist ein richtiger Schritt, dass Ursula Heinen-Esser zurückgetreten ist. Dass sie so lange gezögert hat, nachdem so lange schon klar war, dass sie in dieser schweren Flutkatastrophe eben nicht die Dinge getan hat, die man als Ministerin tun sollte und vor allem, dass sie auch im Parlament unglücklich agiert und die Abgeordneten nicht richtig informiert hat, führt letztendlich zum Rücktritt, der richtig ist. Dass er so spät kommt, wiegt schwer“, so die Spitzenkandidatin der NRW-Grünen.
„Und es ist aber noch lange nicht zu Ende. Mich interessiert auch: Was ist die Rolle von Ina Scharrenbach? Sie muss sich dringend erklären, unsere Heimatministerin“, fordert Neubauer. Auf die Frage, ob neben Ina Scharrenbach die anderen NRW-Regierungsmitglieder wie NRW-Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner oder auch Serap Güler, die zum Zeitpunkt der Flutkatastrophe noch Staatssekretärin für Integration in NRW war, auch persönliche Konsequenzen ziehen müssen, antwortet Mona Neubaur wie folgt: „Man muss sich das vorstellen: Wir haben in Nordrhein-Westfalen die Folgen der Klimakrise richtig gespürt, Menschen haben ihr Leben verloren, Existenzen sind vernichtet worden. Wie unverständlich ist es jetzt – gerade für die Betroffenen -, aber auch für alle, dass Ministerin Ina Scharrenbach kurz zum Geburtstag nach Mallorca jettet, statt sich hier um die Dinge zu kümmern? Deshalb: Ich fordere maximale Transparenz von allen, die in Verantwortung standen, die sich hier hätten kümmern müssen. Wie sie erklären, dass sie lieber Champagner und Schrimps auf Mallorca getrunken und gegessen haben“, so Neubaur weiter.
Angesprochen auf das gestrige Scheitern der Impfpflicht im Bundestag hat Mona Neubaur eine klare Haltung: „Es wird uns hoffentlich gelingen, in einem weiteren Anlauf die Impfpflicht doch noch hinzukriegen – gerade für die über 50-, die über 60-Jährigen. Weil eine hohe Impfquote uns mindestens davor schützt, dass es schwere Verläufe gibt. Wir wissen nicht, wie der Virus sich weiterentwickelt. Wir wissen, dass er noch da ist. Wir haben ja nach wie vor sehr hohe Infektionszahlen. Eine Impfpflicht würde uns vor massiven Freiheitseinschränkungen zum Schutz unserer Gesellschaft im Herbst bewahren. Deswegen kann man nur appellieren, dass die Impfpflicht nochmal versucht wird“, wünscht sich die Spitzenkandidatin der NRW-Bündnis90/Die Grünen.
Die Grünen mussten seit Eintritt in die Bundesregierung viele ihrer Überzeugungen zugunsten der momentanen Realitäten ändern bzw. über Bord werfen. Dazu gehören z. B. Waffenlieferungen an die Ukraine, das Aushandeln von alternativen Gaslieferverträgen mit dem nicht-demokratischen Katar oder eine Überprüfung von Laufzeitverlängerungen für AKWs – eigentlich ein Albtraum für die Grünen. Wie kommt Mona Neubaur mit diesen Tatsachen klar? „Ich glaube, die Realität, in der wir alle leben, seit Putin den Angriffskrieg gegen die Menschen in der Ukraine führt, ist eine, die für uns alle richtig hart ist. Jetzt ist die Verantwortung von Politik, von einer politischen Partei und damit auch von uns Grünen, in dieser Realität die Maßnahmen zu ergreifen, die zu ergreifen sind. Ganz ehrlich: Es ist falsch gehandelt worden in der Vergangenheit. Dadurch, dass man sich einseitig von russischem Gas abhängig gemacht hat in einer Vorgänger-Bundesregierung.“, stellt Neubaur fest.
„Und jetzt sind wir erpressbar. Und es ist ja dramatisch auszuhalten, dass über diese Lieferungen und das Geld, das dafür bezahlt wird, die Kriegsökonomie von Wladimir Putin ja mitfinanziert wird. Deswegen ist es so dringend notwendig und passiert ja auch jeden Tag auf Berliner Ebene, dass abgewogen wird: Sind wir hart genug in unseren Sanktionen? Kriegen wir das hin, die Sanktionen weiterhin so zu setzen, dass wir sie lange durchhalten können? Weil dieser Krieg nicht schnell vorbei sein wird und weil wir auch darauf achten müssen, dass wir das gemeinsam z. B. als Nordrhein-Westfalen gut mitgehen können, diese Sanktionen. Und ja, das ist für die Grünen alles andere als easy. Aber ich bin sehr, sehr stolz auf meine Partei, weil wir uns unserer Relevanz bewusst sind… Ich finde, dass, was Robert Habeck als Vizekanzler und Wirtschaftsminister – gerade auch in seiner Art, wie er darüber erzählt und warum er die Dinge macht –, vorlebt, ist beispielhaft für uns als Politikerinnen und Politiker – Ehrlichkeit“, lobt die Landespolitikerin den Bundespolitiker.
Das gesamte Interview wird heute, Freitag, 08.04, ab 18.00 Uhr bei den NRW-Lokalradios ausgestrahlt (zeitliche Verschiebungen bei einzelnen Lokalradios möglich). Außerdem kann man das Gespräch nach Ausstrahlung online auf den Websites der Lokalradios nachhören.
Ina Pfuhler
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